Ein Brief von Dr. Johanna
Decker
über ihre Arbeit und Pflege
von Kranken
in Rhodesien (Zimbabwe).
08. Mai 1977
Dandando ist unsere am weitesten entfernte
Außenstation. Beim letzten Besuch waren dort soviele Kranke, dass
alle Medikamente in unseren Kisten zu Ende
gingen. So warteten anschließend in
Luzulu an die hundert Leute auf uns, die wir nicht mehr behandeln konnten.
Unter ihnen war Sifile, eine Frau, bereits
in Wehen, die schon allerhand Leid beim Kinderkriegen mitgemacht hatte.
So rasten wir heim, so schnell wir konnten, das heißt 30 km Maximalgeschwindigkeit
auf der hoppeligen Straße, auf der man alle
10 m umschalten muss. Außerdem hat der
Fluss
Shangani seine Tücken. Bei der Hinfahrt am Morgen hatte uns Bruder
Mathias das Geleit gegeben, um im Notfall Hilfe zu leisten. Nun wollten
wir uns um 6 Uhr abends wieder amShangani treffen, aber unser Bruder war
nicht da. Ich war darüber etwas ärgerlich, aber zu unrecht. Schw.
Daniane hatte ihn nämlich in meiner Abwesenheit in die Stadt
schicken müssen mit einem ganz schwer kranken Alten mit Darmverschlingung,
bei dem
es um Stunden ging. So versuchte ich, die
vorhandenen Fahrspuren zu benutzen, habe dabei aber die Räder zu sehr
in den Sand geschlagen, und plumps, saßen wir
im Wasser im Sand fest. Und Sifile stöhnte
in unmittelbarer Erwartung der
Geburt. Alle erreichbaren Männer halfen,
den Sand von den Rädern wegzugraben und Zweige unterzulegen, aber
mindestens 20 Startversuche waren vergebens,
und die Batterie wurde schwächer. So
trugen wir Sifile auf einer Decke durchs
Wasser an Land, und schon war das Frühgeburtchen
da, aber es atmete nicht.
Ich versuchte Mund-zu-Mund Beatmung und horchte
verzweifelt auf das Brummen eines Autos vom Krankenhaus her, in dem die
rettende
Absaugvorrichtung und der Sauerstoff so nah
und doch für uns so entfernt
waren. Schließlich tat das kleine Ding
einen Schnapper, wir wärmten es, so gut
wir konnten, in einem Handtuch und unseren
Strickjacken, und ich machte mich mit dem Bündel zu Fuß auf
den Weg, der nur 2 km lang ist. Unterwegs begegnete
mir dann Bruder Mathias mit dem Peugeot und
Pater Heribald mit dem Lastwagen mit allen auffindbaren Mädchen aufgeladen,
um meinen Landrover rauszuziehen. Und alles hatte ein happy end: das Baby
lebt, und alle drei Autos kamen bald
darauf mit den singenden Mädchen zurück.
So darf man nie aufgeben, auch nicht in unserer
verfahrenen politischen Situation.
Wir grüßen alle herzlich und dankbar.
Eure Hanna
|