Mainpost/Volksblatt Würzburg
, 04.12. 2002
Bekannte Schmiede für Missions-Mediziner
WÜRZBURG (MET)
Nachdem bereits im Sommer die Missionsärztliche Klinik ihr 50-jähriges
Bestehen feiern konnte, blickte am gestrigen 3. Dezember 2002 das Missionsärztliche
Institut auf 80 Jahre Tätigkeit zurück.
Schwierige
Verhandlungen waren der Gründung vorausgegangen. Der lange gehegte
Wunsch, nach dem über Jahrzehnte bewährten Vorbild der angloamerikanischen,
protestantischen Missionsmedizin und dem seit 1909 in Tübingen bestehenden
evangelischen "Deutschen Institut für ärztliche Mission" ein
katholisches Gegenstück zu schaffen, nahm in den Jahren nach dem Ersten
Weltkrieg erstmals konkrete Formen an. Treibende Kraft war hierbei der
Salvatorianerpater und Indienmissionar P. Dr. Christoph E. Becker.
Ihm gelang
es, die Superiorenkonferenz, d. h. die Vereinigung aller, mit Missionsaufgaben
befassten deutschen Äbte, Provinziale und Ordensoberen für seine
Idee zu begeistern. Obwohl an der Notwendigkeit einer kompetenten ärztlichen
Versorgung in den Missionsgebieten kein Zweifel bestand, warf die Realisierung
des Projektes Fragen auf. Ohne großzügige Spenden, etwa der
des Generalkonsuls von Guatemala in Bern, Adolfo von Meyer, hätte es
wohl nur schwerlich die ersten Jahre überleben können.
Pläne,
das nach dem geplanten Auszug der Universitätsklinik nach Grombühl
für neue Aufgaben offene Juliusspital als Sitz der geplanten Einrichtung
zu nutzen, wurden nicht verwirklicht. Allerdings setzten sich der Spitalpfarrer
und die beiden Chefärzte engagiert für die Idee eines missionsärztlichen
Instituts ein und organisierten in den 1920er Jahren Krankenpflegekurse
für Missionare und Missionsschwestern.
Das zunächst
als Studentenheim für künftige Missionsmediziner konzipierte
Institut wurde daraufhin provisorisch im ehemaligen Siechenhaus der Stadt
in der Gerbrunnerstraße 18 untergebracht. Am ersten Adventssonntag
des Jahres 1922, dem Tag des Missionsheiligen Franz Xaver, konnte Pater
Becker als Gründungsdirektor die neuen Räume einweihen. Erster
ärztlicher Leiter des Instituts wurde der juliusspitälsche Chefarzt
Dr. Alfons Förster. Auch der damalige päpstliche Nuntius Eugenio
Pacelli, der spätere Papst Pius XII., sandte eine Grußadresse
aus München.
Hauptziel
des Institutes war die Ausbildung ärztlichen Nachwuchses: Studenten,
die sich bereit erklärten, nach Abschluss ihres Medizinstudiums als
Missionsärzte tätig zu werden, fanden hier Aufnahme und intensive
Betreuung. Hierzu gehörten gemeinsame Gebete und Schriftlesungen, geistige
Vorträge, Exerzitien sowie philosophische und missiologische Kurse
und eine tropenmedizinische Spezialausbildung. Bald konnten die ersten Missionsmediziner
nach Afrika und Asien ausgesandt werden.
Vor welche
Schwierigkeiten die Inflationszeit das junge Institut stellte, mögen
folgende Zahlen verdeutlichen: Im November 1923 waren allein für die
Stromrechnung 3,2 Billionen Mark zu zahlen; der Transport einer Fuhre Kartoffeln
vom Bahnhof zum Heim schlug mit 580 Millionen zu Buche. Da war es nur gut,
dass die Ritaschwestern, die den Haushalt führten, zu wirtschaften
wussten! Doch gelang es dank großherziger Förderer, die kritischen
Anfangsjahre zu überstehen. Mitte der 1920er Jahre konnte bereits an
die Errichtung eines eigenen Gebäudes gedacht werden: Die Wahl fiel
auf ein Areal auf dem Mönchberg.
Nach den Plänen
des Landesbaurats Albert Bosslet entstand 1927/28 ein modernes Studentenwohnheim
mit Institutsbibliothek, Aufenthaltsräumen, Musiksaal, Raucherzimmer,
chemischem Laboratorium, Turnsaal und Kegelbahn.
Im Zweiten
Weltkrieg wurde das Gebäude von der Wehrmacht beschlagnahmt und zeitweilig
als Lazarett genutzt.
In der Phase
der Neuorientierung der Nachkriegszeit entstand schließlich die Idee
eines eigenen, vom Institut geführten Missionsärztlichen Krankenhauses,
das primär als Ausbildungsstätte von Ärzten und Pflegepersonal
für die Missionsgebiete gedacht war. Die 1952 eingeweihte "Missionsärztliche
Klinik" übernahm neben dieser Aufgabe jedoch schon bald die Funktion
einer vielgeschätzten Stadtklinik.
Auch nach
der formalen Trennung von Institut und Klinik 1994 besteht eine fruchtbare
Zusammenarbeit: Die zahlreichen Forschungs-, Ausbildungs- und medizinischen
Hilfsprojekte des Missionsärztlichen Instituts werden in enger Koordination
mit den Ärzten und Abteilungen der Klinik durchgeführt.
Das Institut
hat sich zu einer Fachstelle für Gesundheitsfragen entwickelt, das
die kirchlichen Hilfswerke berät und Fachpersonal in Würzburg
wie auch in der Dritten Welt schult.
Andreas Mettenleiter
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