Der erste Mariannhiller Missionsbischof

04.03.2002 19:59 Volksblatt / Mainpost Würzburg

Unterhaltsames und Kurioses aus der Geschichte des Juliusspitals (38)


Aus den Reihen der juliusspitälschen Kapläne sind zahlreiche Kanoniker, Domkapitulare, Bischöfe, Weihbischöfe und nicht wenige Theologieprofessoren hervorgegangen. Eine besondere Karriere hatte ein Dettelbacher Bäckerssohn vor sich, der 1901 eine Kaplansstelle am Spital antrat: Michael Adalbero Fleischer wurde erster Missionsbischof von Mariannhill in Südafrika.

1874 in Dettelbach geboren, besuchte er wie seine drei Brüder, die später ebenfalls Geistliche wurden, zunächst die Volksschule seiner Heimatstadt und wechselte dann ans Würzburger Kilianeum, das in gewisser Weise in der Nachfolge des juliusspitälschen Studenteninstitutes stand. Von hier aus besuchte er das Neue Gymnasium und trat 1895 nach dem Abitur ins Klerikalseminar ein. Gleichzeitig wurde er in der Studentenverbindung Markomannia aktiv. Nach der Priesterweihe 1899 versah er zunächst als Pfarrverweser die katholische Gemeinde von Rimpar, bevor er 1901 ans Juliusspital kam.

Da die beiden Kaplansstellen der Spitalpfarrei zumeist jungen Doktoranden der Theologie zur Verfügung gestellt wurden, ist anzunehmen, dass auch Michael Fleischer sein Studium fortsetzen sollte. Zusammen mit dem Spitalpfarrer und seinem Kollegen Dr. Vitus Brander, der später Subregens des Priesterseminars und Domkapitular wurde, übernahm er die geistliche Betreuung der Kranken und Pfründner. In diese Zeit fallen auch die langwierigen Verhandlungen zwischen Universität, Stadt Würzburg und Juliusspital über den Bau eines neuen Krankenhauses. Wie Brander später berichtete, befürchtete das Oberpflegamt, im Verwaltungsrat der neuen Klinik unterzugehen, und erreichte über eine Petition der stiftungsberechtigten Gemeinden und die Intervention des Bischofs beim Prinzregenten und im Landtag, dass die Spitalstiftung sich nicht an dem Projekt beteiligen musste.

Kaplan Fleischer fand in den sieben Jahren seiner Tätigkeit am Spital offenbar Zeit für Reisen nach Lourdes, Palästina, Ägypten, Griechenland, Italien, Schweden und England. Nach der Rückkehr von einer Reise, so wird berichtet, "fand er im Juliusspital in einem Papierkorb einen Mariannhiller Missions-kalender und eine Nummer der Missionszeitschrift "Vergißmeinnicht". Die zwei Schriften begeisterten ihn so, dass er beschloss bei den Trappisten von Mariannhill einzutreten." Allerdings hatte er sich schon zuvor mit dem Gedanken getragen, Salvatorianerpater zu werden.

Im Oktober 1908 reiste Kaplan Fleischer über England nach Durban, wo er als "Frater Adalbero" in den strengen Trappistenorden eintrat. 1910 bis zur Internierung durch die Engländer im Jahr 1917 war er als Missionar in Triashill eingesetzt. 1920 wählte ihn die Mariannhiller Missionskongregation zum ersten Generalsuperior; zwei Jahre später wurde er Titularbischof von Tiberopolis und erster Missionsbischof von Mariannhill. In zahlreichen Hirtenbriefen, Reiseeindrücken und Aufsätzen in der Missionszeitschrift "Vergißmeinnicht" berichtete der ehemalige Spitalskaplan über seine Tätigkeit in Südafrika, wo er für einheimische Frauen und Männer zwei Kongregationen stiftete und ein Priesterseminar in Ixopo gründete. 1950 trat er von seinen Ämtern zurück und starb 1963 in Mariannhill.

Bischof Michael Adalbero Fleischer
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P. BARNABAS STEPHAN CMM

Eine lebenslange freundschaftliche Korrespondenz verband ihn mit dem Chefarzt der Chirurgischen Klinik im Juliusspital, Eduard Bundschuh. Dieser war, zusammen mit seinem internistischen Kollegen Alfons Foerster und dem Spitalpfarrer Hettiger maßgeblich an der Gründung des Missionsärztlichen Instituts beteiligt. In der Planungsphase war zeitweise daran gedacht worden, das Institut im Juliusspital unterzubringen, das nach dem Auszug der Universitätskliniken 1921 bis 1923 nach neuen Aufgaben suchte.

Chefarzt Foerster wurde zum ersten ärztlichen Leiter des Instituts gewählt, das zunächst in der Gerbrunner Straße und später in einem Neubau auf dem Mönchberg untergebracht wurde.

Bis in die Dreißiger Jahre fanden im Juliusspital regelmäßig medizinische Kurse für Missionsschwestern und Patres statt, für die neben Spitalärzten auch Dozenten der Universität als Lehrkräfte gewonnen werden konnten. Auch in der Schwesternschule wurde zahlreiche Missionsschwestern ausgebildet.

Als die Chirurgische Abteilung des Juliusspitals, die nach dem Luftangriff im Missionsärztlichen Institut eine provisorische Bleibe gefunden hatte, 1952 ins Stammgebäude zurückkehrte, eröffnete deren ehemaliger Chefarzt Bundschuh eine Chirurgische Abteilung im Institut, aus der die Missionsärztliche Klinik hervorgegangen ist.

In der nächsten Folge lesen Sie, mit welchen Problemen die weltlichen Spitalverwalter im Laufe der Jahrhunderte zu kämpfen hatten.
Andreas Mettenleiter