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Professor Dr. med.
Herbert Feustel
Würzburg, Missio Klinik
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Requiem und
Beisetzung Prof. Dr. Herbert
Feustel
am 6. 10. 2006
Liebe Angehörige der Familie Feustel, liebe Verwandte, Bekannte,
Freunde, Kollegen und Wegbegleiter unseres Verstorbenen, meine
Schwestern und Brüder,
es ist interessant, was die Freunde des kranken Menschen im
Markusevangelium tun, sie reden nicht und haben keine großen
Programme, sie legen Hand an und versuchen in ihrer Sorge alles, was
Not tut, damit der Gelähmte inmitten der vielen Menschen die
Nähe zu Jesus spürt und befreit werden kann.
Ich denke mit diesem Verhalten sind wir mitten in der Glaubens- und
Lebensauffassung von Professor Herbert Feustel angelangt. Er war von
ganzem Herzen sorgender Mensch und Freund, Arzt und Chirurg, was ja
übersetzt so viel heißt wie "der, der Hand anlegt". Viele,
die heute hier sind durften dies an den unterschiedlichen Orten und in
den unterschiedlichen Begegnungen spüren.
In Schweinfurt geboren und hier in Forst aufgewachsen, wurde sehr
schnell deutlich, dass er für weit mehr bestimmt ist als den
elterlichen Hof zu übernehmen. Sein Eintritt in das Studienseminar
in Münnerstadt merkte das geistliche Amt vor, doch er selbst
entschied sich für den Dienst am Menschen in der Medizin, ohne die
religiöse Dimension zu vernachlässigen. Nach dem Abitur und
dem Studium der Medizin zeigte er sich als überaus begabter
Chirurg, der seine medizinische Karriere über die
Krankenhäuser in Würzburg, Gerolzhofen, Erlangen,
Gießen wiederum an das Missionsärztliche Institut nach
Würzburg führte.
Für Kollegen, Schüler, Mitarbeiter und Patienten, die von
weither zu ihm kamen, wurde er zu einem Mann "semper sursum", der
keinen Tag vergehen ließ, ohne im Krankenhaus zu sein. Der nicht
nur als Chef zum Anfassen und gesuchter Ausbilder, sondern auch als
Mensch in seinem eigenen, teils kernigen Humor da war. Hier lag seine
Starke, dass er weit über das medizinische hinaus, Freund und
Ratgeber wurde, der sich bis in das Detail hinein Zeit und Sorge
für andere nicht nehmen ließ. Auch und gerade nach seiner
Pensionierung sah er sich in die Verantwortung genommen nicht in einer
messbaren Zeitspanne, sondern durch die Tiefe der Begegnung gleichsam
Dächer abzudecken, damit den Menschen Begegnung möglich wird.
So wurde er zum Leib- und Seelsorger für die Menschen, die ihm
dies von Herzen dankten. Zeitlebens und an den vielen Orten, an denen
er
wirkte, blieb er mit seiner Heimat Forst verbunden, wo er als Gast
seiner Familie, besonders auch seinen Enkeln in den letzten Jahren ein
sorgender Freund wurde, der mit Aufmerksamkeit, Freude und Stolz ihre
Entwicklung sah. Er blieb hier in Forst der Schulkollege und
Landsmann,
der gerne im Gespräch in medizinischen Fragen angegangen wurde,
und so manchen Forster, den er behandelte, das Gefühl des guten
Aufgehobensseins gab. Für seine Freunde überall wurde er zu
einem verlässlichen Weggefährten, der bereit war das Schwere
zu tragen, aber auch einfach nur ein Fußballspiel zu sehen oder
eine Runde Karten zu spielen.
Was mich immer wieder beeindruckte, war seine Verbundenheit mit dieser
Kirchengemeinde in Gebet und Gottesdienstbesuch. Er machte keinen Hehl
aus seiner religiösen Überzeugung, dass der Mensch ohne
Rückbindung an Gott nur einen geringen Teil seiner
Möglichkeiten ausschöpft. So wurde ihm - nicht nur im Blick
auf Erziehung und Weitergabe des Glaubens - der Kontakt zu
klösterlichen Gemeinschaften wichtig und auch die Verbundenheit
mit vielen Geistlichen, die ihn ihm einen überzeugenden und
authentischen Gesprächspartner fanden.
Als wir am vergangenen Sonntagabend gemeinsam Emtedank in dieser Kirche
feierten mit den Kindern unseres Kindergartens und einer großen
Gemeinschaft, da konnte niemand ahnen, dass sein plötzlicher
Zusammenbruch seinen baldigen Tod zu Folge haben sollte. Wir
hätten ihm gerne weitere Jahre gegönnt, wir hätten ihn
weiterhin als Begleiter und engagierten Freund gebrauchen können,
wir hätten uns gerne länger auf seine Fachkompetenz und sein
Lebenswissen verlassen mögen, doch sollte er die Ernte seines
Lebens einfahren dürfen und das müssen wir respektieren, so
schwer uns die Plötzlichkeit trifft. Wir dürfen hadern, wir
sollten aber auch danken, dass wir in ihm einen guten Freund haben,
dessen Andenken über den Tod hinaus Kreise ziehen wird.
In den letzten handschriftlichen Aufzeichnungen fand
sich ein Gebet, in
dem er formulierte: Lieber Vater im Himmel und Jesus, beschützt
mich bitte auf meinem Weg und hüllt mich ein in euer
göttliches Licht und eure Liebe. Haltet bitte alle negativen
Energien von mir fern.
Bestellen wie man vom göttlichen Licht eingehüllt wird.
Dieses kann man nicht erfüllen, doch wir dürfen bitten, dass
Gott es für ihn tut.
(Ansprache von Thomas Amrehn, Pfarrer von Forst)
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MIT DISZIPLIN UND LIEBE ZU DEN MENSCHEN
Professor Dr. Herbert Feustel verabschiedet sich als Chefarzt der
Chirurgischen Abteilung
der Missionsärztlichen Klinik
Sechsundzwanzig glückliche und erfolgreiche Arbeitsjahre gehen zu
Ende: Ende Juli 2004 verabschiedet sich Herr Professor Dr. med. Herbert
Feustel als Chefarzt der Chirurgischen Abteilung der
Missionsärztlichen Klinik wegen Erreichen der Altersgrenze. Diese
Tätigkeit hatte er am 1. Oktober 1978 von seinem Vorgänger,
Herrn Dr. Hans Ott, übernommen.
Professor Feustel hatte die ihn prägende,
hervorragende Ausbildung bei Professor Hegemann an der Chirurgischen
Universitäts-Klinik Erlangen erworben. Dort war er nicht nur als
versierter Operateur bekannt; er engagierte sich auch wissenschaftlich.
Im September 1975 hatte er die bedeutendsten Zentren der Dick- und
Mastdarmchirurgie in Nordamerika besucht, Professor Turnbull in
Cleveland
kennen gelernt und in Philadelphia und New York hospitiert. Diese
Zentren waren begehrte Ausbildungsstätten; sie dominierten die
Meinungsbildung und bestimmten die Standards in USA. Im Oktober 1975
folgte konsequenterweise seine Habilitierung mit dem Thema "Der
Erlanger Magnetverschluss", über eine Methode für die
Versorgung von Stoma-Trägern nach Darmoperationen. Seine
Habilitationsschrift wurde mit dem Thiersch-Preis der Universität
Erlangen-Nürnberg ausgezeichnet. Ein Jahr später folgte er
Herrn Professor Schwemmle an die Universitäts-Klinik in
Gießen
als 1. Oberarzt; diese Stelle war mit einer C3-Professur verbunden.
Schon zwei Jahre später wurde er zum Chefarzt der Chirurgischen
Abteilung der Missionsärztlichen Klinik ernannt.
Das
Missionsärztliche Institut mit seinem Direktor Professor P. Dr.
Urban
Rapp OSB setzte damals große Erwartungen auf den neuen Chefarzt
der Chirurgie. Professor Feustel hat sie nicht enttäuscht.
Geprägt durch die Erlanger Schule von Professor
Hegeman war seine Leitlinie immer klar und deutlich; er duldete keine
Umschweife. Auch beim Operieren setzte sich die klare Linie durch.
Professor Feustel wirkte dabei immer souverän; nie hatte man den
Eindruck, dass es für ihn etwas Kompliziertes gab.
Neben dem chirurgischen Fachwissen und der operativen Geschicklichkeit
imponierte jedem die einzigartige Menschlichkeit von Professor Feustel.
Diese fing schon bei den kleinen Dingen des Lebens an, wie dem
Mitbringen von Zeitungen für seine Patienten, und steigerte sich
über die Hilfe für alle, die sie brauchten, bis zum
unermüdlichen Einsatz für die Kranken.
So war es für ihn
selbstverständlich seine Freundschaft zu Professor Dr. Urban Rapp
OSB
nach dessen schwerer Erkrankung aufrecht zu erhalten, ihn
regelmäßig zu besuchen und im Rollstuhl auszufahren. Eine
solche Disziplin und Liebe zum Menschen findet man selten. Sie ist bei
Professor Feustel verwurzelt in seiner Gläubigkeit und seiner
praktizierten Humanitas, ebenso wie in seinem ärztlichen Wirken.
Den jüngeren unter uns war er ein gütiger Lehrer. Er stellte
stets hohe Anforderungen an sich selbst und auch an die anderen; aber
er versuchte nicht diese durch seine Stellung als Vorgesetzter zu
erzwingen, sondern durch Vorbildfunktion und Überzeugung
durchzusetzen.
Die Missionsärztliche Klinik ist Akademisches
Lehrkrankenhaus der Universität Würzburg und hat somit
Ausbildungsfunktion. Professor Feustel hat regelmäßig
jeweils
sechs Studenten im Praktischen Jahr ausgebildet und mit seinen
Oberärzten Vorlesungen an der Medizinischen Fakultät
angeboten. Er wirkte 25 Jahre lang als Prüfer für das Fach
Chirurgie in den Staatsexamina. Über hundert Kollegen begleitete
er bei ihren Promotionsarbeiten und mich zur Habilitation. Im Turnus
mit anderen Chefärzten war er während der Jahre 1995 - 1998
Medizinischer Direktor der Missionsärztlichen Klinik.
Anfang der 80er Jahre besuchte Professor Feustel zusammen mit seinen
Kollegen Strik und Fleischer das Kagondo Hospital in Tansania, das
damals von Dr. Bernd Köhler geleitet wurde. Diese Begegnung mit
der ärztlichen Arbeit in Afrika weckte in ihm die Begeisterung und
das Engagement innerhalb von Missionsärztlicher Klinik und
Institut für chirurgische Fragestellungen und deren
Lösungsansätze in den Ländern südlich der Sahara.
Immer wieder hat er junge Kollegen aus seinem Team freigestellt um
"draußen" Urlaubsvertretungen zu machen oder in
Katastrophenfällen auszuhelfen. Chirurgischen Kollegen, die von
einem Einsatz im Entwicklungsland zurückkamen, hat er nach
Möglichkeit ein "Eingliederungsangebot" gemacht, d.h. sie in sein
Team aufgenommen, damit sie sich in Ruhe auf dem deutschen Markt
bewerben oder ihre Fachausbildung vervollständigen konnten. Ebenso
hat Professor Feustel ausreisenden oder Gast-Ärzten aus Afrika
unbürokratisch in der praktischen Ausbildung geholfen. Seit vielen
Jahren ist er persönliches Mitglied des Missionsärztlichen
Instituts und seit ca. vier Jahren vertritt er die persönlichen
Mitglieder als gewählter Delegierter der persönlichen
Mitglieder in der Vertreterversammlung des Missionsärztlichen
Instituts.
Mit Stolz darf die Chirurgische Abteilung und auch die gesamte
Missionsärztliche Klinik auf seine Tätigkeit
zurückblicken, denn Herr Professor Dr. med. H. Feustel hat diese
Klinik mitgeprägt. Lieber Bert, Du warst uns ein Vorbild als Arzt
und Kollege. Wir hoffen, dass wir an Deinem Beispiel während
Deiner 26 Jahre als Chefarzt etwas gelernt haben. Du selbst bist mir
immer freundschaftlich verbunden, ich bin stolz darauf. Für die
Zukunft gelten unsere besten Wünsche, immer eingedenk des
Leitspruches des von Dir verehrten Franz Josef Strauß: "Dankbar
rückwärts, mutig vorwärts, gläubig aufwärts".
Rudolf Schwandner
Priv. Doz. Dr. med. Rudolf
Schwandner ist Chefarzt der Chirurgie am Herz-Jesu Krankenhaus in
Fulda. Er war vorher Oberarzt an der Chirurgischen Abteilung der
Missionsärztlichen Klinik.
(Aus: Heilung und Heil 2/2004 S. 5 u. 6)
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